Bei schönstem Frühlingswetter besuchte die Interessengruppe Umwelt & Energie Markranstädt heute den Gläsernen Kuhstall und die Biogasanlage der Agrarprodukte Kitzen e. G.
Führung durch Kuhstall und Biogasanlage
Wir wurden von Herrn Poppe empfangen, der uns durch die Anlage führte. Zu Beginn gab es ein paar einführende Worte zum Betrieb der Agrarprodukte Kitzen e. G. Eine absolute Besonderheit ist die 100-prozentige autarke Stromversorgung im Gläsernen Kuhstall.
Hier wird das Kreislaufprinzip täglich gelebt. Ein Teil des Futters für die Kühe wird auf den eigenen Flächen selbst angebaut. Damit werden anschließend die Kühe gefüttert. Die Ausscheidungen der Kühe wiederum werden genutzt, um die Biogasanlage zu betreiben.
Die übrigbleibenden Gärreste dienen als wertvoller Dünger für die Felder.
Der in den Blockheizkraftwerken erzeugte Strom und die Wärme werden direkt im Betrieb genutzt. Der Strom wird dabei zunächst in einen Speicher geladen, aus dem die Anlagen vor Ort gespeist werden. Der Akku kann wesentlich flexibler auf den geforderten Energiebedarf der Anlage reagieren als ein Blockheizkraftwerk.
Aus unserer Sicht ist diese Anlage eine Besonderheit, denn das gesamte System wurde nicht einfach von der Stange genommen. Die Komponenten wurden einzeln zusammengestellt und die Steuerung individuell entwickelt.
Biogasanlagen: Wie aus Gülle und Bioabfällen grüne Energie wird
Biogasanlagen sind faszinierende Beispiele dafür, wie wir organische Reststoffe nicht einfach entsorgen, sondern in wertvolle Energie umwandeln können. Sie spielen eine entscheidende Rolle in der Energiewende und der Kreislaufwirtschaft. Aber wie genau funktioniert so eine Anlage eigentlich? Tauchen wir ein!
Im Grunde genommen ahmen Biogasanlagen einen natürlichen Prozess nach, der auch in Sümpfen oder im Verdauungssystem von Wiederkäuern abläuft: die anaerobe Vergärung. „Anaerob“ bedeutet hier, dass dieser Prozess unter Ausschluss von Sauerstoff stattfindet.
Hier sind die wichtigsten Schritte, wie eine Biogasanlage funktioniert:
1. Die Rohstoffe (Substrate): Die Basis der Energiegewinnung
Am Anfang steht die „Fütterung“ der Anlage mit organischen Materialien, den sogenannten Substraten. Das können ganz unterschiedliche Dinge sein:
- Landwirtschaftliche Reststoffe: Gülle und Mist von Rindern, Schweinen oder Geflügel sind klassische und wichtige Substrate. Hier sind es die Ausscheidungen von Rindern.
- Energiepflanzen: Speziell angebaute Pflanzen wie Mais, GPS (Ganzpflanzensilage) oder Gras.
- Bioabfälle: Speisereste, Grünschnitt, Lebensmittelabfälle aus der Industrie.
- Organische Reststoffe aus Gewerbe und Industrie: Zum Beispiel von Brauereien oder Schlachthöfen.
Diese Substrate werden in der Regel vorab zerkleinert und vermischt, um einen optimalen Vergärungsprozess zu gewährleisten.

2. Der Fermenter (Bioreaktor): Das Herzstück der Anlage
Die vorbereiteten Substrate werden in den Fermenter gepumpt, auch bekannt als Bioreaktor. Das ist ein großer, luftdichter und beheizter Behälter. Im Fermenter herrscht ein sauerstofffreies Milieu und eine konstante Temperatur (oft zwischen 35 und 45 Grad Celsius – die sogenannte mesophile Vergärung, oder noch höher bei der thermophilen Vergärung).

3. Die Arbeit der Mikroorganismen: Der eigentliche Vergärungsprozess
Und hier kommt die Magie ins Spiel! Im Fermenter leben Milliarden von spezialisierten Mikroorganismen (Bakterien und Archaeen). Diese winzigen Helfer zerlegen in mehreren Schritten die komplexen organischen Verbindungen der Substrate:
- Hydrolyse: Große Moleküle werden in kleinere Bestandteile zerlegt.
- Ansäuerung: Die kleineren Bestandteile werden zu kurzkettigen Fettsäuren, Alkoholen, Wasserstoff und Kohlendioxid umgewandelt.
- Essigsäurebildung: Die Produkte der Ansäuerung werden zu Essigsäure umgewandelt.
- Methanbildung (Methanogenese): Dies ist der entscheidende Schritt. Methanbildende Mikroorganismen wandeln die Essigsäure und andere Zwischenprodukte in Biogas um. Biogas besteht hauptsächlich aus Methan (CH₄), dem Hauptbestandteil von Erdgas, und Kohlendioxid (CO₂), sowie Spuren anderer Gase.
Dieser gesamte Prozess dauert je nach Substrat und Anlagentyp mehrere Wochen. Die Anlage der Agrarprodukte Kitzen e.G. wird dabei kontinuierlich „gefüttert“.
4. Gasspeicherung und Gasaufbereitung: Von der Produktion zur Nutzung
Das im Fermenter entstehende Biogas wird in einem Gasspeicher gesammelt. Oft ist dies eine flexible Folienkuppel auf dem Fermenter oder ein separater Gasspeicher.
Bevor das Biogas weiterverwendet wird, kann es je nach geplanter Nutzung aufbereitet werden. Dazu gehört oft die Entschwefelung, um Korrosion in den Motoren zu verhindern, und die Trocknung.
Die Agrarprodukte Kitzen e.G. speichern das Gas nicht in separaten Gasspeichern, sondern verstromen es direkt im Blockheizkraftwerk.

5. Die Verstromung und Wärmenutzung: Grüne Energie für Zuhause
Der häufigste Weg der Energiegewinnung aus Biogas ist die Umwandlung in Strom und Wärme. Dies geschieht in einem Blockheizkraftwerk (BHKW). Das BHKW ist im Prinzip ein Gasmotor, der mit dem Biogas betrieben wird und einen Generator antreibt, der Strom erzeugt. Die dabei entstehende Abwärme (aus dem Motor und den Abgasen) wird ebenfalls genutzt – zum Beispiel zur Beheizung des Fermenters selbst, von Gebäuden oder für Nahwärmenetze. Man spricht hier von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), da gleichzeitig Strom und Wärme produziert werden.
Alternativen zur Verstromung:
- Biogasaufbereitung zu Biomethan: Das Biogas kann zu Biomethan (oder Bioerdgas) aufbereitet werden, indem das Kohlendioxid und andere unerwünschte Gase entfernt werden. Dieses Biomethan hat nahezu Erdgasqualität und kann dann ins Erdgasnetz eingespeist oder als Kraftstoff genutzt werden (z.B. für CNG-Fahrzeuge).
- Direkte Wärmenutzung: In manchen Fällen wird das Biogas auch direkt zur Wärmeerzeugung (z.B. in Heizkesseln) genutzt, ohne Strom zu erzeugen.

6. Der Gärrest: Wertvoller Dünger für die Landwirtschaft
Was nach der Vergärung im Fermenter übrig bleibt, ist der sogenannte Gärrest. Dieser ist keineswegs Abfall! Im Gegenteil, der Gärrest ist ein hochwertiger, geruchsarmer und flüssiger Dünger. Die Nährstoffe sind im Gärrest pflanzenverfügbarer als in unverarbeiteter Gülle, und er trägt zur Humusbildung im Boden bei. So schließt sich der Kreislauf: Aus organischen Reststoffen wird Energie, und die veredelten Reste kehren als Dünger auf die Felder zurück.
Zusammenfassend lässt sich sagen:
Biogasanlagen sind komplexe, aber hoch effiziente Systeme, die auf den Prinzipien der Natur basieren. Sie wandeln organische Materialien in erneuerbare Energie (Strom, Wärme, Biomethan) um und liefern gleichzeitig einen wertvollen Dünger. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, zur Schonung fossiler Ressourcen und zur nachhaltigen Landwirtschaft. Ein echtes Multitalent der Kreislaufwirtschaft!